Der Briefnachlass von Eduard Justi – ein bemerkenswerter Bestand für das Universitätsarchiv Braunschweig

Das Universitätsarchiv Braunschweig (UABS) erhielt im Oktober vergangenen Jahres einen Briefnachlass von Eduard Wilhelm Leohard Justi. Dieser Nachlass hat eine besondere Bedeutung für die TU Braunschweig, da Justi hier nicht nur Professor war, sondern langjähriger Institutsdirektor und von 1954 und 1955 auch Rektor der Universität.

Abb. 1: Hunderte Briefe im Nachlass von Eduard Justi. Q.: UABS

Wissenschaftler, Institutsdirektor, Rektor

Justi wurde am 30. Mai 1904 in Hongkong als Kind von Maria Justi, geb. Külz und Karl Justi in eine traditionsreiche Marburger Gelehrtenfamilie geboren. Sein Vater war Arzt und später Professor für Medizin, der Großvater Ferdinand Justi war Iranist und Sprachforscher, sein Großonkel Carl war Kunsthistoriker und Onkel Ludwig Justi Direktor der Nationalgalerie Berlin.

Abb. 2: Portrait und Unterschrift von Eduard Justi. Q.: UABS/J I I 8

Eduard Justi selbst absolvierte ein Studium der Physik und Mathematik, ferner Chemie und Mineralogie in Marburg, Kiel und Berlin. Er hörte u. a. bei Albert Einstein, Max Planck, Erwin Schrödinger und Walther Nernst. Im Jahr 1929 promovierte er bei Eduard Grüneisen in Marburg, 1935 folgte die Habilitation bei Max von Laue in Berlin. Zwischen den Jahren 1929 und 1944 war Justi Mitarbeiter an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Berlin-Charlottenburg, dort ab 1939 Leiter des Kältelaboratoriums. Zu den markanten Stationen seiner wissenschaftlichen Laufbahn gehört die Tätigkeit als Dozent (1939) und apl. Professor (1942) an der Universität Berlin.

Er war viele Jahre als Physik-Professor der Technischen Hochschule Braunschweig am Institut für Technische Physik tätig, dessen Direktor er zudem für über 30 Jahre war (1946 – 1974). Von seinem Posten als Rektor der Hochschule trat Justi nach nur wenigen Monaten im Amt 1955 zurück – aus Protest gegen die Berufung des mit einer nationalsozialistischen Vergangenheit belasteten Kulturministers Schlüter.

Justi war in diversen nationalen und internationalen wissenschaftlichen Akademien und Gremien Mitglied, darunter bspw. das Kuratorium der Physikalisch Technischen Bundesanstalt und die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft, deren Publikationsreihe „Abhandlungen“ er gründete.

Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte und Errungenschaften lagen unter anderem im Bereich der Thermodynamik technischer Gase und der Physik der tiefsten Temperaturen. Er gilt als Pionier der Brennstoffzellen- und Solartechnik. Auf ihn geht der Aufbau der Hochmagnetfeld-Anlage zurück. Justi war involviert in die Weiterentwicklung der Katalysatoren für PKW-Abgasfilterung und viele weitere Felder. Bis zu seinem Tod am 16. Dezember 1986 in Braunschweig veröffentlichte er über 100 Schriften und fast 300 Patente.

Bürgerlicher, Familienmensch, Braunschweiger

Im UABS befindet sich fortan ein Teilnachlass von Justi, welcher zwei Mappen mit Urkunden, Zeugnissen und Dokumenten umfasst. Hinzu kommen mehrere Archivkartons voller Korrespondenz. Dabei handelt es sich teilweise um Fachkorrespondenz, u. a. mit Max von Laue. Vor allem jedoch finden sich darin privater Austausch von Eduard Justi und dessen engerer und weiterer Familie, besonders in Form von scheinbar unzähligen Karten: Weihnachtskarten, Geburtstags-, Reise-, Urlaubs-, Tanz-, Speise-, Pfingstkarten. Ferner finden sich Postkarten, welche Immobilien, Regimentern oder die neue Universität zeigen, an der man nun studierte, hinzu kommen Dankes-, Tisch-, Oster-, Sonntagskarten und Feldpostkarten.

bb. 3: Vielseitige und vielzählige Karten im Nachlass von Eduard Justi. Q.: UABS


Diese ergeben zusammen mit den Briefen, Fotographien, Rechnungen und Souvenirs bereits auf den ersten Blick ein komplexes Soziogramm. Die etwa 800 Dokumente zeichnen das Bild einer weit verzweigten und weit verteilten, akademisch-bürgerlichen Familie über gut 150 Jahre ab dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Große Themen wie Wissenschaft, Wirtschaft oder Krieg stehen neben familiären Belangen und Braunschweiger Tratsch.

Der Nachlass bietet damit einen Einblick in ein wissenschaftsgeprägtes und wissenschaftsprägendes Milieu des vorletzten und letzten Jahrhunderts, dessen Kommunikation und dessen Wandels im Laufe der Zeit. Über das konsistente Interesse an der Einzelbiographie des ehemaligen Rektors und bedeutenden Wissenschaftlers hinaus, bietet die Korrespondenz so in vielerlei Hinsicht eine gewinnbringende Ergänzung des universitären Archivbestandes.

Wir danken seinem Nachfahren Carlos Andrés Justi für die Übergabe dieser Dokumente an unser Archiv. Hier trägt der Nachlass fortan die Zugangsnummer Acc. Nr. 2018/13 und ist nach Abschluss der Erschließung im Archivinformationssystem Arcinsys unter der Signatur UABS 10.10.1 im Bestand der Vor- und Nachlässe zu finden.

Korrektur: Der Nachlass von Eberhard Justi ist unter der Signatur UABS G026 im Archivinformationssystem Arcinsys unter https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=b16799) zu finden.

Weiterführende Literatur:

  • Reinhard Bein: Eduard Justi (1904-1986) Physiker und Hochschullehrer. In: Braunschweiger Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Hrsg. vom Arbeitskrei Andere Geschichte e.V. Braunschweig 2012, S. 140-143.
  • Deutsche Gesellschaft für Sonnenennergie e. V.: Nachruf Eduard Justi. In: Sonnenenergie. Zeitschrift für regenerative Energiequellenund Energieeinsparung. Jg. 12, Heft 1/Februar, München 1987, S. 4 f.
  • Franz Rudolf Keßler: Eduard Justi. In: Jahrbuch 1987 der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft. Braunschweig 1987, S. 279-282.
  • Institut für Technische Physik der Technischen Universität Braunschweig: Eduard Justi. Zur Vollendung seines 70. Lebensjahres von seinen Schülern und Mitarbeitern gewidmet Braunschweig, 1974.
  • Wiebke Witzel: Zum Nachlaß von Ludwig Justi im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften – eine Bestandsübersicht. In: Jahrbuch der Berliner Museen , 52. Bd., Beiheft: Ludwig Justi – Kunst und Öffentlichkeit. Beiträge des Symposiums aus Anlaß des 50. Todestages von Ludwig Justi (1876-1957) 19. und 20. Oktober 2007. Berlin 2010, S. 125-128.
  • Einträge zu Karl und Ludwig Justi im Professor*innen- Catalogus Professorum Halensis: https://www.catalogus-professorum-halensis.de/justikarl.html; https://www.catalogus-professorum-halensis.de/justiludwig.html, letzter Zugriff: 04.07.2019.