Was Sie schon immer mal loswerden wollten… Antwort von Herrn Rudolf Görke

Herr Rudlof Görke gibt uns im Rahmen des „Interview“-Formats Was Sie schon immer mal loswerden wollten… 275 Jahre Universitätsbibliothek Braunschweig – jetzt oder nie! Einblicke in seine Zeit an der Universitätsbibliothek Braunschweig und berichtet von einem für ihn besonderen Lebensabschnitt, der bis heute in guter Erinnerung gehalten wird.

1. Was waren Ihre Gedanken und Empfindung an Ihrem ersten Arbeitstag in der Universitätsbibliothek Braunschweig?

Ich hatte von 1974 bis 1980 an der TU studiert und kannte dementsprechend viele Mitarbeiter vom Sehen. Auch danach war ich mindestens einmal pro Vierteljahr in der UB, um privat zu recherchieren oder in der TIMES zu lesen. Somit gab es einen „ersten“ Arbeitstag in diesem Sinne gar nicht, zumal es auch Kollegen gab, die ich vorher als Mit-StudentIn kennengelernt hatte. Außerdem hatte ich vorher als ABM-Kraft (ABM = Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Arbeitsamtes für Arbeitslose) zwei Jahre im Institut für Philosophie gearbeitet und war dort für die Bücherbeschaffung, d.h. Ausleihen für die ABM-Kollegen zuständig und hatte insofern noch engeren Kontakt mit UB-Mitarbeitern und lernte so einige Namen kennen, obwohl ich diese Personen teilweise schon Jahre vorher gesehen hatte. An meinem ersten Arbeitstag (August oder September 1995) wurde ich durch das Haus geführt und Mitarbeitern vorgestellt, die ich, wie schon oben erwähnt, vom Sehen schon kannte. Es gab für mich also nicht den Punkt, wo man zuerst viele Gesichter sieht und sich diese aber unmöglich merken kann. Das hat für mich vieles leichter gemacht.

2. Was war Ihr größtes Erfolgserlebnis?

Ich kann mich an kein Ereignis in dieser Hinsicht erinnern.

3. Was war Ihre größte Herausforderung und was haben Sie daraus gelernt?

Es gab für mich jeden Tag Herausforderungen und hoffte, die Fragen der Nutzer zu ihrer Zufriedenheit beantworten zu können oder ihre Buchwünsche erfüllen zu können, weil ich ja den größten Teil meiner Tätigkeit hinter der Ausleihtheke verbracht habe. Ich versuchte, jeden gleich zu behandeln und hoffe, es ist mir zu einem großen Teil gelungen – leider nicht immer, aber das it wohl normal …

4. Falls Sie etwas an der Universitätsbibliothek ändern könnten, was wäre dies und weshalb?

Ich habe mir diese Fragen eigentlich nie gestellt, vielleicht auch deshalb, weil ich von 1982 bis 1995 – nicht kontinuierlich, aber immer wieder – arbeitslos war, und die Tätigkeit in der UB quasi als allerletzte Möglichkeit ansah, etwas länger arbeiten zu können. Etwa 2001 bekam ich eine Festanstellung, und das war das erste Mal, dass ich am Anfang einer Tätigkeit nicht den genauen Zeitpunkt wußte, zu dem ich wieder zum Arbeitsamt gehen müsste …

5. Gibt es Kolleginnen oder Kollegen, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?

Oh ja, die gibt es, aber ich werde das nicht weiter ausführen – nur soviel: ich werde diese wohl auch nie vergessen. Überhaupt kann ich mich nicht an einen einzigen Tag erinnern, an dem ich ungern in die UB gekommen bin. Geweiss, es gab Tage, an denen ich ziemlich kaputt nach Hause gegangen bin, aber das war nur körperlich der Fall. Alles in allem gab es in der ganzen Zeit von 1995 bis 2020 nur einen Menschen, der mich wohl nicht ausstehen konnte – und das beruhte dann auch auf Gegenseitigkeit. Glücklicherweise ist diese Person auch dann gegangen. Wirklich alle anderen vermisse ich schon in gewisser Hinsicht – einige viel, viel mehr und andere nicht ganz sooooviel … Aber vermissen tue ich diese auch …

6. Was waren Ihre Gedanken und Empfindungen an Ihrem letzten Arbeitstag in der Universitätsbibliothek Braunschweig?

Aufgrund einer privaten Feier einer Kollegin waren nur wenige Stammkräfte anwesend – und ich bin bis 16 Uhr am Schalter gewesen und habe dann meine Tasche gepackt und bin gegangen – alles sehr unspektakulär. Es sollte dann ja noch eine größere Abschiedsfeier geben, aber der gleichzeitige CORONA-Ausbruch im Februar 2020 hat in dieser Hinsicht einiges zunichte gemacht. Mein letzter Arbeitstag (28.02.20) war an einem Freitag und am Montag war ich noch einmal da wg. der Schlüsselrückgabe. Am 10. März bin ich dann noch einmal in der UB gewesen – und danach nie mehr wieder – zuerst auch wg. Corona, aber war ich immer mehr der Auffassung, dass man diese für mich schöne Zeit nicht reproduzieren könnte und habe also damit abgeschlossen. Es wäre für mich einfach nur traurig, die UB noch einmal zu betreten … Ich wußte bei meinem Abschied, dass die Zeit danach schwer werden würde – aber ich habe nicht geahnt, wie schwer die Zeit sein würde …